www.albrecht-reuss.de | Stand: 23.04.2017 | Impressum

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Der Sicherheitsingenieur

Mein Freund wird Sicherheitsingenieur. Arbeit muss ja nicht immer Spaß machen. Ein Beruf mit Zukunft ist das mit Sicherheit.
Mit Sicherheit, haha.
Neulich beim Bier. Er so: „Mich befriedigt das total, dass ich mit meiner Arbeit dazu beitragen kann, dass weniger Menschen verunglücken.“
Ich so: „Beim Planen und Bauen machen uns die Brandschutzbestimmungen wahnsinnig zu schaffen.“
Er so: „Na, es rettet Menschenleben.“
Ich so: „Ich hab recherchiert: Nur 400 Menschen im Jahr kommen durch Feuer ums Leben.“
Er so: „Na siehste, die Bestimmungen wirken.“
Ich so: „Aber man muss doch die Relation sehen! 3.500 Menschen sterben im Straßenverkehr, und Siebentausend, weil sie von der Leiter fallen!“
Er so: „Man muss eben da was tun, wo man was tun kann.“
Ich so: „Pustekuchen! Das sind rein politische Entscheidungen! Wenn man wöllte, könnte man beim Auf-die-Leiter-Steigen bestimmt die gleichen strengen Vorkehrungen treffen wie beim Brandschutz…“
Das hätte ich besser nicht gesagt.
„…nur will in so einer Welt keiner mehr leben,“ hatte ich noch ergänzen wollen.
Doch es war zu spät. Der Freund trank aus, studierte fertig, wurde ein bedeutender Sicherheitsingenieur, später dann in Kommissionen und Arbeitskreise berufen, bis er schließlich die Regierung beriet.
Kürzlich trat nun die Landesleiterunfallverhütungsvorschrift in Kraft.
Das Aufstellen einer Leiter ist genehmigungspflichtig. Zum Antrag mit einzureichen ist ein Gutachten eines Fachbüros, das die Einhaltung aller Vorschriften bestätigt.
Eine Leiter ist sicher im Boden zu verankern. Entsprechende Vorkehrungen sind beim Bau und Umbau eines Hauses anzubringen. Ebenso Seilsicherungssysteme an der Decke,
Eine Leiter muss einen zweiten Fluchtweg besitzen.
Der Besteiger einer Leiter muss angemessene Schutzkleidung tragen. Hierzu gehören als Mindestausrüstung ein Fahrradhelm und ein Rückenprotektor.
Der Besteiger muss sich im Seilsicherungssystem einhaken.
Neben der Leiter sind Rettungsflächen freizuhalten, die für die Rettungskräfte jederzeit frei zugänglich sein müssen.
Der Besteiger muss mindestens ein Mal im Jahr einen Besteigungskurs besuchen, bei dem er lernt, möglichst nicht rückwärts umzukippen und mit dem Kopf irgendwo blöd aufzuschlagen.
Die Besteigungskursbesuchsbestätigung ist mitzuführen.
Bei Tritthöhen über 0,70 m gelten erhöhte Sicherheitsanforderungen, die an dieser Stelle jedoch nicht vertieft werden sollen.
In allen zum Leitern geeigneten Räumen sind an der Decke Leiterwarnmelder anzubringen, die mittels moderner Bewegungssensoren einen Ton von sich geben, wenn in dem Zimmer geleitert wird, so dass andere Bewohner und Nachbarn besonders aufmerksam sind.
Und selbstverständlich hat jeder Haushalt hat einen Landesleiter-unfallverhütungsvorschriftsbeauftragten zu benennen, der über die Einhaltung der Landesleiterunfallverhütungsvorschriften im Haushalt wacht.
Neulich in der Kneipe. Ich beim Bier. Mein Freund beim Wasser, völlig beschwingt.
Er so: „Die Zahl der Leiteropfer konnte signifikant reduziert werden!“
Ich so: „Die Spinnweben in meiner Wohnung nehmen überhand, weil ich auf keine Leiter mehr steige.“
Er so: „Aber deine Lebenserwartung ist gestiegen!“
Ich so: „Kommt drauf an, was man vom Leben erwartet.“
Er so: „Ähmmm, wie meinst’n das jetzt?“
Ich so: „Übrigens, wusstest du schon, dass durch Rauchen…“